New Zealand Van Trip – Day 19 – Franz Josef to Okarito
Weit fahren wir an diesem Tag nicht. Okarito liegt gleich um die Ecke an der Küste. Der Strand in Okarito ist sehr hübsch und da der Okarito River hier ins Meer mündet, gibt es interessante Wellenspiele zu beobachten.
Aber dafür sind wir nicht nach Okarito gekommen, sondern für den Okarito Streifenkiwi! Denn hier in diesem kleinen Ort hat ein Engländer sein Leben den Kiwis verschrieben und bietet seit 19 Jahren, und als einziger mit einer Lizenz auf der Südinsel, Kiwi Touren im Freien an. Gemäss ihm, ist es eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit, einen Kiwi zu sehen, da sie so scheu und selten sind. Weniger als 1 % der neuseeländischen Bevölkerung hat je einen Kiwi im freier Wildbahn zu Gesicht bekommen. Trotzdem verspricht uns die Tour, dass die Chancen bei 98% stehen, dass wir heute Abend einen Kiwi in seiner natürlichen Umgebung sehen würden. Wir sind also gespannt.
Der Abend beginnt mit einer Vorstellrunde. Wir sind insgesamt 9 Leute, die zusammen auf die Pirsch gehen. Ian ist unser Kiwi Experte. Bevor es raus geht, spielt er uns die Ruflaute des weiblichen (tief wie eine Kröte) und des männlichen (hoch und singend) Kiwi ab. Der wichtigste Drill des Abends lautet: Geduld, Geduld und noch mehr Geduld.
Wer etwas Raschelndes dabei hat, wie eine Regenjacke, muss diese gegen einen lautlosen Fliess eintauschen. Denn die Kiwis sind sehr scheu und bei zu viel Lärm zeigen sie sich nicht. Kiwis sehen zwar nicht besonders gut, doch hören sie um so besser. Dazu, und ungewöhnlich für Vögel, haben sie einen ausgeprägten Geruchssinn. Ebenfalls befinden sich die Nasenlöcher an der Schnabelspitze und nicht wie bei den meisten Vögeln an der Schnabelbasis.
Wir lernen an diesem Abend noch mehr: In Neuseeland gibt es 5 Kiwiarten, wovon der Okaritokiwi der kleinste ist. Kiwis sind flugunfähig, nachtaktiv, haben grosse Füsse, einen langen Schnabel und bleiben ein Leben lang mit demselben Partner. Das Ei ist im Vergleich zur Körpergrösse enorm. Es kann bis 30% des Körpergewichts des Weibchens erreichen. Bei den Streifenkiwis sitzt das Männchen auf dem Ei, um es auszubrüten. Bei anderen Kiwiarten wechseln sich Männchen und Weibchen ab. Leider sind die Kiwis sind sehr bedroht. Eingeschleppte Tiere wie Hunde, Katzen und Wiesel sind eine grosse Gefahr für die Kiwibestände. Das DoC (Department of Conservation) versucht durch Schutzmassnahmen die Kiwibestände zu sichern. Neben Schutzgebieten gehört hierzu auch das Ausbrüten der Eier hinzu. In der Wildnis hat ein Ei eine 5%ige Überlebenschance mit Hilfe des DoCs sind es 95%.

Wir machen uns also auf, dieses einzigartige Tier zu sehen. Zwar befinden sich ca. 500 Okarito Kiwis im geschützten Gebiet um Okarito, doch ist es aufgrund der ausgeprägten Scheue der Tiere unter normalen Umständen sehr unwahrscheinlich einen zu Gesicht zu bekommen. Daher ist es hilfreich, dass die Kiwi-Männchen mit einem Peilsender ausgerüstet sind. Somit kann der ungefähre Standort festgestellt werden. Zudem sind die Kiwis sehr territorial, was die Chancen ebenfalls erhöht, wenn man mit einem Kenner unterwegs ist.
Damit wir die nachtaktiven Vögel sehen, hat unser Experte eine Infrarotlampe dabei, deren Licht die Kiwis nicht gut sehen. Ich habe die Ehren, als Assistenz zu wirken und erhalte ebenfalls eine Infrarotlampe. Sollte es geschehen, dass Ian auf der Suche nach einem Kiwi die Gruppe verlässt und sich aber gerade dann ein Kiwi zeigt, würde ich zum Einsatz kommen.
Nach einer kurzen Autofahrt und einem zügigen Marsch durch den Wald schnappt Ian ein Signal auf. Ab dann heisst es horchen…. möglicherweise sind zwei Kiwis in unserer Nähe, weshalb sich Ian auf den einen konzentriert und ich als Assistenz, für den Zweiten Ausschau halten sollt.
So stehen wir Mucks Mäuschen still im Sternen und Mond erhellten Wald und lauschen den Geräuschen des Waldes – was vor allem aus dem Summen von tausenden Mücken besteht! Und da ich ja ebenfalls für einen Kiwi Ausschau hielt und meine Hände einsatzbereit auf der Infrarotlampe liess, konnte ich weder meine Hände in der Tasche verstecken noch vom Mückennetz am Hut Gebrauch machen – sprich, die Mücken haben an mir ihr Opfer gefunden.
“Krack” … “Krack” hören wir aus dem Busch. Etwas links, dann rechts… da muss irgendwo ein Kiwi sein! Wir warten und warten und warten. Und dann ist es soweit, Ian scheint mit seiner Infrarotlampe ins Gebüsch und da ist er…. anscheinend. Da Pascal und ich ganz rechts aussen stehen, verdeckt uns ein Baumstamm die Sicht, und so haben diejenigen die links von uns stehen (also alle anderen) mehr Glück. Ian merkt, dass wir wohl keinen Blick erhaschen konnten und dreht die ganze Gruppe um, sodass wir nun ganz links zu stehen kommen. Wir warten noch ein bisschen. Dann kniet sich Ian auf Einmal ganz rechts aussen hin und richtet die Infrarotlampe auf den Weg … wir sehen noch wie ein ovaler Ball davon huscht, da wir wieder ganz hinten an der Gruppe stehen… Immerhin, einen Kiwi von Hinten haben wir gesehen! 🙂
Das Ziel des Abends ist erreicht und so machen wir uns auf den Heimweg. Unterwegs schauen wir uns den klaren Sternenhimmel noch etwas genauer an. Einer unserer Gruppe hat ein unglaubliches Wissen und erklärt uns die eine oder andere Sterngruppe. 🙂

Wir gehören nun also zu den scheinbar Wenigen, die einen Kiwi in freier Wildbahn sehen durften. Erst auf der Tour erfahren wir zudem wie viel Glück wir überhaupt hatten an diesem Abend dabei zu sein. Ein Pärchen hatte die Tour schon vor Monaten für diesen Tag angefragt, aber nie bestätigt. Da sie bis am Vortag nichts mehr von sich hören liessen, konnte uns Ian auf mein E-Mail vom Vortag (wir hatten erst einen Tag vor der Tour angefragt) eine positive Antwort geben. Wie hoch waren wohl die Chancen dafür? Wohl weniger als 2% 😉 Doppeltes Glück gehabt 🙂
Von wegen Glück: Am nächsten Morgen kriegen wir noch einen dreifachen Regenbogen über dem Campingplatz geschenkt!
